Einen unerwartet deutlichen Ausgang hat das mit Spannung erwartete Oberliga-Derby zwischen der HSG Hanau II und der SG Bruchköbel am Freitagabend genommen. Nach wechselhafter, aber insgesamt ausgeglichener erster Halbzeit überrollten die Gäste aus Bruchköbel die HSG im zweiten Durchgang förmlich und gewannen 28:19 (9:10). Eine große Rolle spielten dabei die passgenaue Kabinenansprache vom Bruchköbeler Trainer Tegaday Ramos-Nuez und die Glanzleistung zweier Schlüsselspieler der SGB.
Dass sowohl die Gäste als auch die Hanauer in akuter Abstiegsgefahr stecken, war der Partie von Beginn an anzumerken, denn hüben wie drüben prägten Unsicherheiten das Spiel der beiden Lokalrivalen. Die SGB erarbeitete sich dank einer unermüdlich ackernden Defensive leichte Vorteile. Über zehn Minuten blieb Hanau ohne Tor.
„Die Anfangsminuten waren für uns schon der erste Dämpfer“, kommentierte HSG-Betreuer Michael Schäfer die torlosen elf Minuten und 35 Sekunden zu Beginn der Partie, während sich Bruchköbels Sportlicher Leiter Kazimir Balentovic darüber ärgerte, dass seine Mannschaft die Chance nicht genutzt hatte, sich deutlicher abzusetzen: „Vier Tore sind nichts, da waren wir blauäugig und dachten, dass das Spiel schon entschieden wäre.“
Balentovic sollte Recht behalten, denn die Hanauer kämpften sich vor über 500 Zuschauern nun in die Partie und konnten nach 20 Minuten zum 6:6 ausgleichen. Da die Abwehr der Gäste nun nicht mehr so stabil stand wie in der Anfangsphase, wurden die Defizite im Angriffsspiel der Bruchköbeler immer offensichtlicher: Weil viele Pässe nicht mit dem richtigen Timing ankamen, schaffte es die SGB kaum noch, Druck auszuüben, denn die unvorbereiteten Eins-gegen-Eins-Duelle entschied die HSG-Defensive um den stark verteidigenden Nils Schröder meist für sich. Hanau drehte das Spiel vor der Pause und ging mit einer 10:9-Führung in die Kabine.
Im Kabinentrakt der Main-Kinzig-Halle schlug dann die große Stunde von Tegaday Ramos-Nuez, der seine strauchelnden und zweifelnden Spielern wieder in die Spur brachte. „Da war jedes Wort, jedes Komma und jedes Ausrufezeichen richtig“, lobte Balentovic die Ansprache seines Coaches. Es dauerte nur wenig mehr als fünf Minuten, bis die zunächst in Unterzahl spielenden Bruchköbeler das Spiel wieder an sich gerissen hatten.
Bei der SGB übernahmen nun zwei Spieler völlig das Kommando: Einerseits der kaum zu stoppende Sergej Zutic, der in einer entscheidenden Szene Mitte der zweiten Hälfte mit einem angetäuschten Sprungwurf die halbe Hanauer Abwehr vernaschte, zum 20:15 für sein Team traf und auch noch eine Zeitstrafe zog. Andererseits Schlussmann Mike Bätz, der mit zunehmender Emotionalität in der Halle immer mehr in Derby-Stimmung kam, nach einem Kopftreffer endgültig zur Hochform auflief und in der Folge sogar Würfe aufs Tor fing, statt sie nur zu halten.
In doppelter Überzahl zog Bruchköbel auf sieben Treffer davon. Um überhaupt noch eine Chance auf einen Punktgewinn zu haben, ließ HSG-Coach Daniel Kegelmann offensiver verteidigen, doch das spielte den Gästen nur weiter in die Karten: Die wieselflinken Bruchköbeler spielten mit der offenen Deckung Katz und Maus, blieben vorm gegnerischen Kasten abgezockt und machten rasch den Deckel drauf, am Ende stand es 28:19 für die SGB.
„Wir hatten mit Sergej Zutic und Mike Bätz zwei überragende Spieler - und die hatte Hanau nicht“, freute sich Kazimir Balentovic über den Auswärtssieg, durch den die Bruchköbeler in der Tabelle an den Hanauern vorbeizieht. Bei den Grimmstädtern war hingegen neben der Enttäuschung auch die Ratlosigkeit über die schwache zweite Halbzeit groß: „Wir hatten vor der Halbzeitpause das Momentum eigentlich auf unserer Seite, aber danach spielen wir die Spielzüge ohne Druck und bringen unsere Spieler nicht mehr in gute Wurfpositionen. Das war eine blutleere Leistung von uns in der zweiten Halbzeit“, urteilte Michael Schäfer.
HSG Hanau II: Gronostay, Scholz; Brüggemann, Christoffel (3/2), Grefing (2), Graichen, Hein (1), Kreuzkam (3), Moock, Müller, Scholl (4), Schröder (1), Steiner (4/3), Wadel (1)
SG Bruchköbel: M. Bätz, Ebell; N. Bätz (1), Broßmann (5), Döhring (3), Ebell, Gräsl (4), Günes, Junker (1), Vuko, Warm (2/1), J. Wolff (1), M. Wolff, Zutic (11/4)
Schiedsrichter: Fuchs / Hass - Siebenmeter: HSG II 7/5, SGB 6/5 - Zeitstrafen: HSG II 3, SGB 3
Von Robert Giese
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