Top-Leistungen im Sport sind auch Kopfsache – davon ist Max Gronostay, der Torhüter der Oberliga-Mannschaft der HSG Hanau, überzeugt. Der Schlussmann ist seit Kurzem zertifizierter Mental-Trainer im Sport, setzt sein Wissen beim Handball-Training der Hanauer Nachwuchs-Torhüter ein und wendet die Techniken auch selbst an, um seine Leistung möglichst zuverlässig abrufen zu können. Wie gut das funktionieren kann, mussten in diesem Jahr vor allem einige Siebenmeterschützen in den Reihen der gegnerischen Mannschaften erfahren. Am Samstagnachmittag (16:00 Uhr) trifft Gronostay mit der HSG II zu Hause auf die ESG Gensungen/Felsberg.
Sechs Strafwürfe hielt Gronostay gegen die TSG Münster, gegen den TV Petterweil entschärfte er vier von fünf Versuchen des Kontrahenten von der Siebenmeter-Linie, war damit ein starker Rückhalt zwischen den Pfosten und ein Schrecken der gegnerischen Siebenmeterschützen. „Wenn der dritte Schütze antritt, wird es langsam einfacher“, weiß der HSG-Torwart, dass die Spieler, die den langen Weg zur Siebenmeter-Linie antreten, angesichts solcher Quoten irgendwann ein zittriges Händchen bekommen.
Bis es so weit ist, steht allerdings viel harte Arbeit auf dem Programm, und zwar körperlich wie mental. Zu Gronostays Vorbereitung auf die Spiele gehören nicht nur das Videostudium der gegnerischen Schützen und das Einprägen ihrer Wurfbilder, wie der Torwart erläutert: „Ich spiele zum Beispiel die erwarteten Siebenmeter zu Hause mental in Zeitlupe durch, schaue mir vor dem geistigen Auge an, welche Bewegungen der Gegenspieler macht, kann beim Wurfablauf dadurch Muster erkennen und im Spiel dann schneller reagieren.“
Das sei jedoch nur ein Beispiel, denn Mentaltraining lasse sich im Sport sehr umfassend einsetzen und habe sich deswegen gerade in den vergangenen Jahren immer weiter verbreitet, unter anderem Deutschlands Nationaltorwart Andreas Wolff schwört darauf. „Es geht darum, in den Situationen, in denen etwas passiert, die Leistung abrufen zu können und zum Beispiel einen Ball zu halten – trotz mentalen Drucks oder Nervosität“, erklärt Gronostay, der vor seiner Zeit bei der HSG das Tor bei der SU Mühlheim und TS Steinheim gehütet hat.
Im Sport habe das einen breiten Anwendungsbereich, für Torhüter sei das aber besonders wichtig, wie der Hanauer Schlussmann betont: „Selbst wenn wir als Handball-Torhüter 40 Prozent der Bälle halten und damit eine überragende Quote haben, gehen immer noch 60 Prozent der Würfe rein, und weil wir nicht mit im Angriff spielen, haben wir anschließend viel Zeit, um über unsere Fehler nachzudenken.“ Dabei sei es zum Beispiel wichtig, sich nicht in eigene Fehler hineinzusteigern – und genau dafür gebe es Techniken.
Unbewusst würden diese von den Spielern ohnehin angewendet: „Ich denke, es gibt in der Oberliga keinen Torhüter, der keine mentale Technik anwendet – aber vermutlich meist, ohne das so genau zu wissen.“ So war es auch bei Gronostay, dem während der sechsmonatigen Ausbildung zum Mentaltrainer das ein oder andere durchaus bekannt vorkam.
Den mentalen Aspekt will der Torwart nicht nur bei sich selbst, sondern auch in seiner Rolle als Trainer künftig noch stärker einbinden. Bei der HSG ist Gronostay für die Ausbildung der Torhüter in der A- und B-Jugend zuständig, dort hat das Mentaltraining einen festen Platz. „Wir trainieren da unter anderem den Umgang mit Druck oder Fehlern“, verrät der Torwarttrainer ein paar der Trainingsinhalte, die er durch die Ausbildung zum Mentaltrainer weiter professionalisiert hat.
Die nächste Chance, die ein oder andere dieser Techniken selbst umzusetzen, hat der Schlussmann der Hanauer am Samstag ab 16 Uhr, wenn die ESG Gensungen/Felsberg in der Main-Kinzig-Halle gastiert. „Das ist ein sehr starkes Team mit erfahrenen Spielern auf den Schlüsselpositionen, die nicht so schnell nervös werden“, weiß Gronostay, dass der Tabellenzweite körperlich wie mental punkten kann.
Im Hinspiel sei es den Hanauern, die damals ersatzgeschwächt und ohne große Erwartungen angetreten waren, allerdings gelungen, die ESG „kurz zur Verzweiflung“ zu bringen, denn 45 Minuten lang lagen die Hanauer in Führung. „Aber sie haben ein Team, das solche Krisenzeiten gut überstehen kann und am Ende aufgedreht“, erinnert sich Gronostay, dessen Team schließlich mit 24:27 unterlag.
Fürs Rückspiel stellt sich der Torwart auf „viel Power aus dem gegnerischen Rückraum“ ein, sei es nun mit Distanzwürfen oder nach Durchbrüchen der körperlich starken Spieler. „Wenn wir da in den falschen Momenten den Block stellen wollen, wird es schwer“, weiß Gronostay, der sich daher wieder eine bessere Deckung als in den vergangenen Partien wünscht: „Die Zusammenarbeit zwischen Abwehr und Torwart müssen wir wieder verbessern“, stellt der Unternehmensberater klar, der nichts dagegen hat, seinen Ruf als Siebenmeter-Killer gegen Gensungen weiter zu festigen.
Von Robert Giese
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