Nach mehr als zwei Monaten verletzungsbedingter Pause ist Dennis Gerst seit zwei Spieltagen für den Handball-Drittligisten HSG Hanau zurück auf der Platte, genau rechtzeitig für eine der Highlight-Partien dieser Hinrunde 2025/26: Die HSG Hanau empfängt am Freitag, 5. Dezember die HSG Rodgau Nieder-Roden zum Bezirksderby. Im Interview mit unserer Reporterin Klara Haase spricht der 31-Jährige – der im Team von Trainer Axel Spandau zu den erfahrenen Akteuren gehört –  über seine Verletzung und das Comeback, sein Leben abseits des Handballs und die Bedeutung des anstehenden Derbys.

Hallo Dennis, vielen Dank, dass du dir heute Zeit für dieses Interview nimmst. Wie geht es dir nach deiner Pause? Wie schwer war die Verletzung?

Dennis Gerst: „Mir geht es sehr gut, danke. Verletzt habe ich mich in unserem ersten Saisonspiel, bei einer Eins-gegen-eins-Situation an der rechten Mittelhand. Es wurde ein Spiralbruch diagnostiziert und der Handchirurg sprach die Empfehlung für eine Operation aus, um negative Spätfolgen auszuschließen. Nach der Operation war ich dann erstmal ‚Out of Order‘. Nach sieben Wochen durfte ich die Hand dann etwas mehr belasten und habe im Zuge dessen auch wieder meinen ersten Ball gefangen. Nach neun Wochen habe ich endlich die Freigabe vom Arzt bekommen und bin dann wieder ins Training eingestiegen.”

Wie hast du die Zeit genutzt? Hattest du viel Kontakt zur Mannschaft oder hast du sie sogar aktiv unterstützt?

Gerst: „Ich habe versucht, relativ viel bei der Mannschaft zu sein. Auch wenn ich natürlich nicht mittrainieren konnte, war ich zwei bis drei Mal die Woche beim Training anwesend und bin mit zu den Spielen gefahren. Ich gab mein Bestes, die Mannschaft vom Seitenrand aus zu unterstützen oder dem Social-Media-Team der HSG unter die Arme zu greifen. An den Tagen, an denen ich nicht in der Halle war, war ich beim Reha Training, um schnell wieder fit zu werden und leistungstechnisch den Anschluss nicht zu verlieren.“

Das erste Mal warst du beim Auswärtsspiel gegen den Longericher SC Köln am 22. November wieder auf dem Feld. Wie hast du dein Comeback in Erinnerung?

Gerst: „Vor dem Spiel habe ich mir viele Gedanken gemacht. Zum Beispiel, ob ich Angst davor haben werde, bei den Eins-gegen-eins-Situationen in die Abwehrspieler reinzugehen. Als ich dann auf dem Platz stand habe ich großes Vertrauen vom Trainerteam und von meiner Mannschaft gefühlt. Also habe ich vor allem versucht, die Atmosphäre zu genießen, mich selbst nicht unter Druck zu setzen und das zu machen, was ich sonst auch immer mache.“

Du spielst seit 2018 für die HSG Hanau. Was viele dabei nicht wissen: Neben deiner Karriere als Handballer bist du auch Fitnessökonom. Was genau kann man sich darunter vorstellen?

Gerst: „Ich bin Trainer in einem Gesundheits- und Fitnessstudio, mit dem Fokus darauf, ältere Menschen zu betreuen und sie im Prinzip möglichst langfristig alltagstauglich zu halten. Das Studium beinhaltet natürlich auch wirtschaftliche Zweige, von denen ich konkret jetzt nicht profitiere, aber theoretisch wäre ich auch in der Lage, ein Fitnessstudio zu leiten.”

Der Trainingsaufwand ist natürlich ein großes Thema. Wie gut ist deine berufliche Tätigkeit mit dem Trainingsaufwand und den Spieltagen in der 3. Liga vereinbar?

Gerst: „Wir trainieren aktuell fünf Mal die Woche, plus Spieltag. Ich habe zum Glück mit meinem Chef das Agreement, meine 35 Stunden Woche möglichst nach Trainingseinheiten und den Spielen zu richten. Den Athletikteil unseres Trainings setze ich aus, hole diesen aber vor der Arbeit in unserem Fitnessstudio nach. Dabei ist es auch von Vorteil, dass ich direkt bei einem unserer Partner, PhysioAktiv Hehner, angestellt bin und nicht an Wochenenden arbeiten muss.“

Als du damals bei der HSG Kahl/Kleinostheim angefangen hast, Handball zu spielen, war dir da schon klar, dass du unbedingt einmal in die 3. Liga möchtest?

Gerst: „Als kleiner Junge erinnere ich mich gut daran, als ich das erste Mal bei einem Handball-Länderspiel gewesen bin und davon geträumt habe, mal selbst vor so einer Kulisse spielen zu dürfen. Ich empfinde es als eine große Ehre, das mittlerweile ansatzweise tun zu können. Die 3. Liga ist schon eine Hausnummer, da darf nicht jeder spielen. Den Traum von damals habe ich mir also irgendwie erfüllt.“

Heute gehörst du mit 31 Jahren im HSG-Team schon zu erfahrenen Spielern. Was glaubst du, was du an die neue Generation der HSG Hanau – zum Beispiel Sebastian Hein, Ben Scharriär oder Björn Gernoth – weitergeben kannst?

Gerst: „Ich persönlich versuche, den Jungs auf meiner Position während des Spiels passende Tipps zu geben. Sei es Auffälligkeiten in der gegnerischen Abwehr, die man zum eigenen Vorteil nutzen könnte oder allgemeine Ratschläge. Sie sollen ihre Stärken ausspielen und an ihren Schwächen arbeiten. Das sind aber nur Kleinigkeiten, denn die Jungs sind durch das Trainerteam gut geschult und wissen, worauf es ankommt. Wichtig ist, ihr Selbstvertrauen zu stärken.“

Da hilft es sicher, dass du dich mittlerweile auf vielen Positionen heimisch fühlst. Ursprünglich hast du in Hanau als Rechtsaußen begonnen, man sieht dich mittlerweile aber auch oft im rechten Rückraum oder auf der Mittelposition. Wie kam es dazu?

Gerst: „Als Linkshänder bin ich eigentlich gelernter Rechtsaußen, auch aufgrund meiner Körpergröße. In der Jugend wurde ich von meinem ehemaligen Trainer Hannes Geist dann ab und zu mal im Rückraum eingesetzt. Durch die Verletzungsmisere vor 3 Jahren, in der sich viele Rückraumspieler verletzt hatten, wanderte ich dann langsam mehr Richtung Rückraum. Ich sollte primär eigentlich nur aushelfen, um den wenigen verbliebenen Rückraumspielern eine Pause zu gönnen. Es lief dann jedoch so gut, dass ich dort länger und öfter spielen sollte und deshalb begleite ich dieses Jahr insgesamt drei Positionen.“

Und auf welcher Position fühlst du dich am wohlsten?

Gerst: „Es hat lange gedauert, bis ich mich an die Rückraumposition gewöhnt habe, aber mittlerweile gefällt es mir dort extrem gut und es macht am meisten Spaß.“

Bei der Verlosung unserer Hauptsponsoren der Heimspieltage hast du den Partner für die Partie gegen Nieder-Roden, Damiko Bau, aus der Lostrommel gezogen. Wie nimmst du die Kampagne „Wir & Ihr – Gemeinsam!“ wahr und stärkt diese die Bindung zwischen Mannschaft, Verein und Stadtgesellschaft?

Gerst: „Die Kampagne ist sehr interessant! Vor allem die neueren Sponsoren haben so die Chance, uns noch mehr zu unterstützen. Der gemeinsame Abend im Culture Club Hanau war auch für uns als Mannschaft ein Erlebnis. Es freut uns immer, die verschiedensten Leute und ihre Motive, uns finanziell zu unterstützen, kennenzulernen. Meiner Meinung nach stärkt es besonders die Beziehung der Mannschaft zur Stadt Hanau, dass die Saison nicht nur durch einen Hauptsponsor, sondern durch mehrere kleine und individuelle Partner begleitet wird.“

Am Freitag will die HSG Hanau die 1000 Zuschauer im Derby-Heimspiel knacken! Es geht auch um den guten Zweck, denn bei 1000 Zuschauern oder mehr spenden die HSG Hanau und das FORUM Hanau insgesamt 1000 Euro für wohltätige Zwecke. Glaubst du, wir schaffen Freitag das Zuschauerziel?

Gerst: „Na klar schaffen wir das! Ich sehe die Sache jedoch mit einem Lächeln und einem traurigen Auge. Ich finde es überragend, wenn 1000 Euro an das Kinder und Jugendhospiz gespendet werden. Aber da gibt es ja noch die daran gebundene Bedingung, dass wir als Mannschaft ein gemeinsames Ständchen im FORUM Hanau halten müssen. Ich kenne die eine oder andere Stimme aus der Mannschaft und ich glaube nicht, dass wir für das Singen von Weihnachtsliedern geeignet sind (lacht). Zu Meisterschaftszeiten haben wir gemeinsam mit dem Blauen Block in der 3. Liga schon oft die 1000 Zuschauer geknackt. Genug Platz bietet die Halle jedenfalls und ich hoffe, dass – auch vor dem Hintergrund des guten Zwecks – am Freitag viele HSG-Fans den Weg in die Halle finden werden!“

Apropos Spiel am Freitag: Gibt es spezielle Routinen oder Rituale, die du vor einem wichtigen Spiel durchführst? Wie sieht deine Pre-Match-Routine aus?

Gerst: „Es sind viele Kleinigkeiten die da zusammenkommen. Prinzipiell gehe ich vor jedem Spiel zuhause duschen, wofür ich teilweise schon ausgelacht wurde. Den Hintergrund verstehe ich selbst nicht. Rituale als Mannschaft gibt es auch. Bei Heimspielen hat jeder seinen Platz auf der Bank sowie in der Kabine und bei Auswärtsspielen hat jeder seinen Sitz im Bus. Es gibt auch Kleinigkeiten direkt vor dem Spiel: Zum Beispiel, die Halle als Letzter zu betreten oder Ähnliches. Ich habe es aber auch schon runtergeschraubt, als ich gemerkt habe, es wird zu viel und zu abgedreht.“

Mit der HSG Rodgau Nieder-Roden kommt am Freitag ein unangenehmer Gegner nach Hanau. Die „Baggerseepiraten“ spielen bislang eine gute Saison. Wie ist die Stimmung innerhalb der Mannschaft? Spüren du oder deine Mannschaftskollegen eine größere Anspannung als sonst?

Gerst: „Wir befinden uns in einer recht heißen Phase mit drei Derbys hintereinander (Nieder-Roden, 5.12. und HSG Dutenhofen/M., 12.12. / beide Spiele in Hanau). Die Stimmung in der Mannschaft, nach dem Derby-Unentschieden in Gelnhausen am letzten Spieltag, ist wirklich sehr gut, zumal der TVG eine super Heimmannschaft ist. Auch die Kulisse, die wir am Freitag erwarten und die uns unterstützen wird, macht uns sehr glücklich. Wir sind heiß auf das Spiel, denn wir kennen Rodgau Nieder-Roden, und die kennen uns. Es wird vielleicht kein schönes Spiel, aber ein kämpferisches.”

Klingt nach viel Spannung für Handball-Fans auf beiden Seiten. Wie lautet denn dein abschließender Tipp für Freitag?  

Gerst: „Es wird kein torreiches Spiel und es wird auf beiden Seiten über die Abwehr entschieden werden. Wichtig wird sein, dass wir viel und schnell zurücklaufen und die erste Welle verhindern. Wenn wir das schaffen, können wir mit einem 27:26 gewinnen.”