Hanau/Schönberg – Es war einer der emotionalen Höhepunkte der vergangenen Saison, als die HSG Hanau im letzten Heimspiel einige verdiente Spieler verabschiedet hat. Mittendrin an diesem Mai-Samstag war mit Yaron Pillmann einer, der die DNA der HSG Hanau in sich trägt: Publikumsliebling, Leistungsträger, Kesselstädter. Sein neues Ziel hieß Ostsee, ein neuer Lebensabschnitt hat auf den 28-Jährigen und seine Freundin gewartet. Mittlerweile ist einiges so gekommen, wie sich das der Vollbluthandballer vorgestellt hat, anderes hat eine gänzlich andere Wendung genommen als erwartet.
Dazu zählt das Studium. Eigentlich war Yaron Pillmanns Plan, an der FH seinen Master in BWL zu machen. Er hat das Studium auch wie geplant begonnen, aber schnell Zweifel bekommen, ob das wirklich das richtige für ihn ist. „Ich habe voller Vorfreude angefangen zu studieren, aber schnell gemerkt, dass mir der Studiengang zu theoretisch ist“, erzählt er am Telefon. Nach gut eineinhalb Monaten hat er das Gespräch mit Mitstudierenden und Lehrenden gesucht und war mit dem Ergebnis, dass der Studiengang generell sehr theorielastig sei, nicht zufrieden. „Da habe ich mir gedacht, nein, das ist nicht das, was ich mir vorstelle. Ich habe nie an dem Titel gehangen, deswegen habe ich mir was Cooles gesucht“, erzählt Yaron Pillmann lachend. Mittlerweile arbeitet er als Prozessmanager in einem Unternehmen in der Telekommunikationsbranche – und ist glücklich damit. Genau wie mit seinem neuen Wohnort, denn Yaron Pillmann und seine Freundin, die beide das Meer und die Natur lieben, leben nur fünf Minuten vom Strand weg. Nach Kiel ist es von der Gemeinde Schönberg auch nicht weit. „Genauso wollten wir das.“
Was der 28-Jährige eigentlich nach seinem Abschied bei der HSG Hanau nicht mehr wollte, war Handball auf hohem Niveau zu spielen. Auch dies ist anders gekommen, auch wenn in diesem Fall die Zweifel schon viel früher eingesetzt haben als beim Studium. „Direkt nach dem letzten Spiel in Hanau habe ich mir schon gedacht, das kann es ja eigentlich nicht gewesen sein“, ist der Rückraumspieler und Abwehrspezialist früh ins Grübeln gekommen. Auch in diesem Fall hat er keine Entscheidung aus einer Laune heraus getroffen, sondern sich mit dem Thema auseinandergesetzt und ebenfalls Rat gesucht. Ein Anruf ging an seinen ehemaligen Trainer Patrick Beer, der ihm einen unmissverständlichen Rat gegeben hat: „Wenn du fit bist und noch kannst, solltest du noch weiter spielen.“ Da kam es passend, dass sich gleich mehrere Vereine aus Norddeutschland bei dem Rückraumspieler gemeldet haben, die über die Presse darauf aufmerksam geworden sind, dass ein Handball-Talent in ihre Region ziehen wird.
Auch bei der Wahl seines neuen Vereins hat er keine Bauchentscheidung getroffen, sondern sich die Vereine angeschaut, mit Spielern gesprochen und schließlich das Angebot des Drittligisten HSG Ostsee als das für ihn beste Gesamtpaket identifiziert. „Ich habe ihnen auch im Vorfeld gesagt, dass ich nicht komme, um 60 Minuten zu spielen. Ich will Erfahrung weitergeben und den jüngeren Mitspielern Tipps geben - und es muss Spaß machen“, sagt er rückblickend. Und auch diese Entscheidung habe sich bis heute als eine gute herausgestellt, denn er fühlt sich in seinem neuen Verein pudelwohl. Auch der Aufwand sei überschaubar.
Trotzdem hat er seine HSG Hanau nicht aus den Augen verloren. „Ich telefoniere eigentlich jede Woche mit Marc Strohl und bekomme daher viel mit“, sagt Yaron Pillmann, der während des Gesprächs von seinen Hanauer Weggefährten nicht ein einziges Mal als Ex-Mannschaft spricht, sondern immer von seinen Mannschaftskollegen. In diesem Jahr stehen ein paar Heimatbesuche an, und dann hofft Yaron Pillmann, auch mal wieder bei einem Spiel in der Main-Kinzig-Halle zuschauen zu können. Auf die Frage, ob eine komplette Rückkehr in die Heimat irgendwann mal zum Thema werden kann, lässt sich Yaron Pillmann, der sich Entscheidungen nicht leicht macht, zu keiner unüberlegten Aussage hinreißen. „Ich kann nur sagen, wir haben den Schritt bisher nicht bereut und fühlen uns super wohl.“
So oder so, die HSG Hanau kann sich über einen treuen Fan an der Ostsee freuen, der seinem Club stets die Daumen drücken wird, denn eines will Yaron Pillmann am Ende nochmals hervorheben: „Ich vermisse meine alten Mannschaftskameraden.“
Zwangspause wegen Knorpelschaden
Seine Rückennummer 22 hat Yaron Pillmann mit zu seinem neuen Verein HSG Ostsee genommen. Allerdings trägt er sie im Moment nicht, denn der Rückraumspieler fällt seit Anfang Dezember wegen eines Knorpelschadens im Knie aus. Operiert werden musste der 28-Jährige nicht. Er hofft, dass er in ein paar Wochen wieder fit ist - näheres wird ein MRT-Termin in vier Wochen zeigen. In der Nord-Staffel der 3. Liga herrsche laut Yaron Pillmann ein ähnliches Niveau wie er es von Drittliga-Zeiten mit der HSG Hanau gewohnt ist. „Gefühlt ist das Spiel sehr schnell mit vielen eher kleineren Spielern und weniger Würfen aus dem Rückraum - das kann aber auch nur eine subjektive Empfindung sein“, so Yaron Pillmann über die Nord-Liga. Die HSG Ostsee steht im gesicherten Mittelfeld auf dem achten Platz.
mei